Ja, es ist schon eine Weile her, seitdem ich die R7 für die Tierfotografie getestet habe. Bereits im Sommer habe ich ein Video darüber veröffentlicht, doch ich wollte diesen Blogeintrag noch für diejenigen von euch machen, die lieber lesen als mir zuzuhören 😉
Gehäuse und Handling
Generell liegt die R7 gut in der Hand und fühlt sich hochwertig an, ist aber etwas kleiner und leichter als die R5. Neu ist das rückseitige Hauptwahlrad nicht mehr beim Set-Knopf sondern umfasst nun den Joystick. Welche Positionierung nun besser ist bleibt wohl Ansichtssache, aber beim hin und her wechseln zwischen R7 und R5 hat mich dieser Unterschied in der Bedienung doch genervt. Ähnlich wie die R6 hat die R7 zudem das „klassische“ analoge Moduswahlrad, auch hier bevorzuge ich das digitale Wahlrad der R5. Schlussendlich bietet die R7 zwei SD-Speicherkartenslots.
Bildqualität
Die R7 bietet einen 32 Megapixel APS-C Sensor und grundsätzlich war ich mit der Bildqualität zufrieden. Bei einer Crop-Kamera ist es auch klar, dass man früher Bildrauschen sieht als bei einer Vollformat. Dennoch habe ich bis 1600 ISO bedenkenlos eingesetzt.
Wenn man mit der Brennweite limitiert ist, sollte eine APS-C Kamera wie die R7 aufgrund der höheren Pixeldichte doch mehr Details liefern als eine Vollformatkamera wie die R5. Schneidet man nämlich das Foto einer R5 auf APS-C zu, so bleiben einem nur rund 20 Megapixel. Doch wie sieht es in der Praxis aus, hat die R7 hier die Nase vorn? Ich habe genau diesen Test bei verschiedenen ISO gemacht und zu meiner Überraschung kaum Unterschiede in den Details und dem Bildrauschen gesehen (siehe Video). Mein persönliches Fazit hier: Nur wegen dem Crop-Faktor würde ich mir keine R7 holen.
Autofokus
Canon hat recht gross damit geworben, dass die R7 das Autofokussystem der R3 geerbt haben soll. Meiner Erfahrung nach stimmt das nicht wirklich, sie hat vielmehr die Einstellungen der R3 übernommen. Von der Autofokusleistung war sie eher auf dem Niveau der R5 oder sogar leicht darunter. Dies mag negativ tönen, so meine ich es aber nicht! Die R5 hat eines der besten Autofokussysteme im Kameramarkt und nun erhält man eine sehr ähnliche Leistung in einer Kamera, die knapp 1500.- kostet! Da hat Canon meiner Meinung nach nun einen deutlichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz.
Serienbild und Verschluss
Die Canon R7 schafft mit dem mechanischen Verschluss bis zu 15 Bilder pro Sekunde – ein Rekord in der Welt der spiegellosen Kameras von Canon! Leider kommt dieser Modus mit zwei Nachteilen: Es entsteht eine nicht unerhebliche Erschütterung (Shutter Shock), welche besonders bei längeren Verschlusszeiten (z.B. 1/60 oder 1/80 Sekunde) zu unscharfen Bildern führen kann. Zudem ist der Verschluss relativ laut – deutlich lauter als der meiner Canon R5.
Im elektronischen Verschluss schafft die R7 bis zu 30 Bilder pro Sekunde – definitiv genug für die allermeisten Action-Szenen. Da der elektronische Verschluss auch lautlos ist, nutze ich an meiner R5 praktisch nur noch diesen. Doch an der R7 gibt es ein Problem: Das Auslesen des Sensors ist relativ langsam, was bei sich schnell bewegenden Objekten zu deutlichem Rolling Shutter führen kann. Bei Enten oder Möwen hatte ich zwar keine verzerrten Flügel, bei Insekten aber sehr wohl. Zudem kann es bei eingeschaltetem Bildstabilisator (besonders bei Superteleobjektiven) zu Verzerrungen von den Motiven kommen. Dies fällt besonders beim Betrachten der Fotos auf, wenn das Tier von Foto zu Foto die Gestalt ändert und einmal lang-, dann normal und schliesslich breitgezogen ist.
Der Puffer ist leider etwas knapp bemessen und hält bei 30fps im Raw Modus nicht einmal für 1.5 Sekunden, bevor das Serienbild markant absackt. Dies ist vermutlich der SD Karte geschuldet – ich hätte definitiv gerne einen CF Express Steckplatz gesehen. Ich würde daher stark empfehlen, die Kamera auf CRaw umzustellen.
Sonstiges
Die R7 bringt einige neue Features, die ich mir auch per Firmware Update in meiner R5 wünschen würde. Dazu gehört zum Beispiel die automatische Ausrichtung des Sensors, die einen schiefen Horizont verhindert (geht nicht mit dem schnellen Serienbild), integriertes Fokus-Stacking und natürlich den Preburst. In diesem Modus nimmt die Kamera kontinuierlich Fotos auf, solange man den Auslöser halb gedrückt hat und behält jeweils eine halbe Sekunde an Fotos (also 15 Fotos bei 30 Bildern pro Sekunde) im Pufferspeicher. Sobald man den Auslöser ganz drückt werden diese 15 Fotos (und natürlich alle die nun folgen) auf die Karte geschrieben. Dies ist besonders dann nützlich, wenn man wartet bis ein Vogel los fliegt. Denn mit „normalen“ Kameras verpasse ich in solchen Situationen meist den entscheidenen Moment, da ich 1/3 Sekunde zu spät auslöse. Hier schafft die R7 Abhilfe und ich kann mir durchaus vorstellen, dass alle zukünftigen (semi-) professionellen Kameras aus dem Hause Canon dieses Feature haben werden. Die Fotos werden dann in einem Container gespeichert, aus dem man mit Canon DPP oder direkt in der Kamera Einzelbilder extrahieren kann – dies finde ich eine eher ungünstige Lösung. Aber vielleicht wird das ja noch mit einem Firmware Update behoben.
Fazit
Kann ich die Kamera nun empfehlen oder nicht? So pauschal kann man diese Frage meines Erachtens nicht beantworten. Ich versuche daher einmal, hier mehrere Perspektiven bzw. Ausganslagen darzustellen und basierend darauf eine Kaufempfehlung zu geben.
– Du möchtest die beste Canon Kamera für die Vogelfotografie und du hast ein grösseres Budget? Dann würde ich die R5 nehmen, ich sehe in der R7 praktisch keine Vorteile.
– Du hast knapp 2000.- zur Verfügung und suchst nach einem guten Allrounder für die Tierfotografie und bist oft bei der Dämmerung unterwegs. Hier würde ich die R6 (evt. auch gebraucht) in Erwägung ziehen.
– Du hast aktuell eine 7D II, 80D oder 90D und möchtest auf eine spiegellose Kamera upgraden. Häufig brauchst du fast noch mehr Brennweite (oder reizt die vorhandene Brennweite komplett aus)? Dann ist die R7 vermutlich die perfekte Kamera für dich.
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3 Responses
Hallo Fabian, danke für dein Review. Ich besitze ja die R7 und kann das was du schreibst bestätigen. Auch ich nutze die Kamera bis ISO 1600 bedenkenlos, ISO 3200 in Ausnahmesituationen. Leider bin ich nicht ganz glücklich mit der Kamera und ich frage mich was die R7 in Kombination mit dem RF 100-500 bringen würde. Momentan benutze ich die R7 hauptsächlich mit dem EF 100-400 f/4.5-5.6 L IS II USM.
Danke! Ich konnte das EF 100-400 an der R7 nicht testen, daher kann ich keinen Vergleich machen. Das Rauschen wird dadurch aber natürlich nicht besser. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass der AF und IS deutlich besser läuft.
Mittlerweilen bin ich auf die R5 mit dem RF 100-500 umgestiegen und bin sehr glücklich damit. Wobei mehr Brennweite begrüssenswert wäre. Da schafft ja dann vielleicht das RF 200-800 Abhilfe.