Mit dem RF 100-400mm f/5.6-8 IS USM verspricht Canon einen günstigen Einstieg in die Tier- und Vogelfotografie. Der Preis liegt aktuell bei ca. 630 Franken. Ich habe das Objektiv rund 1 Monat testen können und möchte hier meine Erfahrungen mit euch teilen. Gleich vorweg, wer nicht so gerne liest, dem kann ich mein Video-Review zu dem Objektiv auf YouTube empfehlen.
Specs & Handling:
Das Objektiv fühlt sich extrem leicht an und das bestätigt sich auch im Datenblatt: Mit nur 635g ist es ein wahres Leichtgewicht (leichter als meine R5). Der Filterdurchmesser beträgt 67mm, eine Gegenlichtblende wird leider nicht mitgeliefert. Diese würde ich auf jeden Fall dazu kaufen, nicht nur um Streulicht zu minimieren, sondern auch als Schutz für die Frontlinse. Meiner Meinung nach sollte diese bei allen Teleobjektiven im Lieferumfang dabei sein – auch bei Einsteigermodellen. Auf der rechten Seite des Objektivs befindet sich der „Lock“ Schalter, um den Zoom-Ring zu sperren. Wie immer habe ich diesen nie benutzt. Die Schalter auf der linken Seite des Objektivs sind für mich deutlich interessanter. Hier findet man den AF-MF Schalter und den IS ON-OFF Schalter. Einen Fokusbegrenzer oder verschiedene IS-Modi gibt es nicht. Die Drehringe (Zoom, Fokus und Objektiv-Steuerring) gehen alle gut und sind aus meinen Augen sinnvoll platziert. Das Objektiv hat keine Stativschelle, doch dies ist bei einem so leichten und kurzen Objektiv aus meiner Sicht auch wirklich nicht nötig.
Bildqualität:
Ich habe keine Studiotest gemacht, diese gibt es ja bereits zur Genüge online. Aus der Praxis kann ich jedoch berichten, dass sich mit dem Objektiv sehr scharfe Aufnahmen realisieren lassen. Zumindest im Nahbereich z.B. für Singvögel, Portraits von Schwänen etc. muss es sich nicht hinter dem RF100-500 oder gar dem EF 600/4 L IS II verstecken. Selbst mit Konverter löst es noch sehr gut auf, die leichte Reduktion der Schärfe schiebe ich eher auf die Diffraktionsunschärfe durch f/16. Vermutlich würde diese bei einer R6 oder R kaum ins Gewicht fallen. Ich hoffe, dies wird auch in den Beispielen unten ersichtlich.
In etwas „schwierigeren“ Situationen, z.B. bei grösseren Distanzen oder weniger kontrastreichen Motiven schien mir das EF 600/4 dann doch überlegen. Bei dem Preisunterschied darf das aber auch so sein 😉
Autofokus:
In der Vogelfotografie ist ein guter Autofokus häufig enorm wichtig und sowohl Kamera als auch Objektiv tragen hier zur Gesamtperformance bei. Was die AF-Geschwindigkeit angeht, kann man das RF100-400 unmöglich mit dem EF 600 L IS II vergleichen: Das kleine Zoom fokussiert viel schneller. Doch wie sieht es mit der Treffsicherheit des AF sowie dem AF-Tracking aus? Auch in diesen Kategorien konnte mich das RF100-400 überzeugen. Der Fokus schien deutlich weniger sprunghaft zu sein, als ich das beim RF800/11 beobachtet habe. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass ich das RF800/11 vor knapp einem Jahr getestet habe und es seitdem einige Firmware-Updates für die R5 gab – vielleicht würde dieses also heute auch besser abschneiden.
Im Gegenlicht hatte ich mit dem AF etwas mehr zu kämpfen und er sprang regelmässig auf den Vorder- oder Hintergrund. Leider muss ich sagen, dass dieses Phänomen bei den meisten Kameras und Objektivkombinationen auftritt, auch bei meinem 600/4. Ich habe von Schwänen und Blässhühnern einige Aufnahmen mit etwas mehr Umgebung gemacht und das gleiche am nächsten Tag mit dem EF 70-200 f/2.8 L IS II wiederholt. Hier viel mir dann auf, wie viel zuverlässiger das RF100-400 fokussiert hat und mir schlussendlich doch sehr viele scharfe Fotos auf die Speicherkarte gebracht hat.
FOTO EIDEREnte
Bildstabilisator:
Das RF 100-400 ist definitiv kein Objektiv, dass für die Benutzung auf einem Stativ ausgelegt ist und so kommt es auch ohne Stativschelle. Dementsprechend wichtig ist dann ein gut funktionierender Bildstabilisator. Und hier hat das RF100-400 mich erneut positiv überrascht. Kaum aktiviert man den Stabilisator, so wird das Bild im Sucher auf einmal angenehm ruhig. Das hilft nicht nur Verwacklungen zu vermeiden, sondern erleichtert auch ein gutes Tracking des Autofokus.
Lichtstärke und Hintergrundauflösung:
Das Objektiv hat am langen Ende eine maximale Blendenöffnung von f/8, was relativ dunkel ist. So werden selbst tagsüber die ISO sehr oft im vierstelligen Bereich sein. Was mich jedoch mehr beschäftigt hat war die Frage, wie die Hintergrundauflösung bei f/8 und 400mm aussieht. Kann man in der Praxis überhaupt einen weichen Hintergrund erreichen? Die Antwort lautet: ja und nein. In gewissen Situationen, besonders wenn man etwas planen kann, ist dies durchaus möglich. Dies trifft z.B. für das Fotografieren an grossen Seen oder an der Winterfütterung zu. Im Alltag kann der oft relativ strukturierte Hintergrund jedoch den einen oder anderen definitiv stören und ein RF100-500 f/4.5-7.1 löst hier weicher auf.
Gut aufgelöster Hintergrund trotz f/8 – 400mm | 1/400 | f/8 | ISO 400
Einsatz von Telekonvertern:
Obwohl das RF100-400 kein L-Objektiv ist, kann sowohl der 1.4x als auch der 2x RF Konverter benutzt werden. Ich hatte den 2x Konverter ebenfalls zum Testen und habe einige Fotos mit dieser Kombination gemacht. Wie ist nun die Bildqualität, wenn man einen 2x Extender an ein so relativ günstiges Zoomobjektiv schraubt? Verblüffend gut, wie ihr an diesem Beispiel selbst sehen könnt.
Die leichten Einbussen an Bildqualität schiebe ich eher auf die Diffraktionsunschärfe (f/16 bei 45MP) als auf die Qualität des Objektivs bzw. des Konverters. Dennoch würde ich mir für dieses Objektiv defintiv keinen 2x Konverter kaufen – wieso?
Erstens verliert man mit einem 2x Extender immer 2 Blenden Licht und bei dieser Kombination erhält man so eine Offenblende von f/16, was schon sehr lichtschwach ist. Der Konverter kostet zudem beinahe gleich viel Geld, wie das Objektiv selbst.
Zusammenfassung:
Hier noch einmal kurz und bündig die aus meinen Augen wichtigsten Vor- und Nachteile dieses Objektivs sowie mein persönliches Fazit:
Pro
- Leichtes Objektiv
- Wirkt dennoch gut verarbeitet
- Sehr gute Bildqualität, auch bei Offenblende und mit Konverter
- Treffsicherer und schneller Autofokus
- Hervorragender Bildstabilisator
- Fairer Preis
Contra
- Gegenlichtblende nicht inbegriffen
- Lichtschwach
- Kein Fokusbegrenzer
Fazit:
Für Einsteiger in die Tierfotografie, welche ein beschränktes Budget haben und ein leichtes, kompaktes und flexibles Objektiv suchen, ist das RF 100-400 aus meinen Augen eine klare Kaufempfehlung. Wer allerdings viel kleine oder scheue Vögel fotografiert, der sollte eher zum RF 800/11 greifen. Für ambitioniertere Fotografen würde ich zum RF100-500 raten – wegen der zusätzlichen Brennweite und deutlich besseren Lichtstärke. Dieses kostet natürlich deutlich mehr.
Falls ihr das Objektiv kaufen möchtet, so würde es mir weiterhelfen, wenn ihr es über einen der folgenden Affiliate Links machen würdet. Ihr zahlt dabei keinen Cent mehr, ich erhalte jedoch eine kleine Provision.
Canon RF 100-400 f/5.6-8:
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Gegenlichtblende für das RF 100-400:
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Canon RF 100-500 f/4.5-7.1:
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Canon RF 800 f/11:
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Anmerkung im Sinne der Transparenz: Canon hat mir das Objektiv zum Testen zur Verfügung gestellt. Für meine Reviews erhalte ich kein Geld, Canon hat keine Mitsprache und sieht diese auch erst nachdem ich sie veröffentlicht habe. Da ich die Marke Canon explizit nenne, kann dies dennoch als Werbung aufgefasst werden.
6 Responses
Für den RF 1,4 (2,0)Extender fallen etwa 600 € (700€) an und man verliert eine Blende (zwei Blenden). Das 800 mm f11 ist schon von Hause aus lichtschwach und trotz seiner sehr kompakten Bauweise 1 kg schwer. Das waren mir zu viele Nachteile und hat mich dazu gebracht zu meiner R6 eine R10 als weiteres Gehäuse anzuschaffen. Die habe ich in einer Sonderaktion mit dem RF-S 18-45 und einem EF-RF Konverter für 900 € bekommen. Konverter und das Objektiv (das mich nicht begeistert hat) habe ich sofort wieder verkauft und dafür 180 € erlöst. Netto hat mich die R10 damit knapp über 700 € gekostet. Jetzt habe ich 640 mm Brennweite mit 24 MP ohne jeglichen Verlust an Lichtstärke und ohne jeglichen Verlust an Abbildungsleistung durch den Extender. Für die Fälle, in denen ich die 640 mm ausnutze, reicht die R10 vollkommen. Insgesamt habe ich also für wenig mehr als den Preis des Extenders jetzt sogar noch ein weiteres Gehäuse. Sicher ein Sonderfall, weil ich die R10 günstig bekommen habe – aber selbst zum regulären Preis der R10 würde ich diese Variante noch in Erwägung ziehen. Der Mehrwert eines zweiten Gehäuses gegenüber einem Extender ist doch beträchtlich. Einziges Manko ist der fehlende interne IS der R10, aber bislang hat mir der Stabilisator im RF 100-400 noch immer gereicht. Und wenn ich einmal 800 mm brauche, croppe ich das Bild der R10 leicht. Die Auflösung hat mir selbst dann bisher noch immer gereicht.. Ich ziehe ein Telefoto eher selten so weit auf, dass die verringerte Auflösung nicht mehr reicht.
Im Übrigen kann ich Deine Ergebnisse und die Beurteilung des RF 100-400 voll und ganz bestätigen. Für Tierfotografie gut geeignet. Zwar kann es nicht ganz mit dem RF100-500 mithalten, wiegt aber nur etwa die Hälfte (da nehme ich es dann auch noch mit) und kostet ein Viertel bei geringen Verlusten in der Bildqualität und bietet damit in meinen Augen das deutlich bessere Preis-Leistungsverhältnis..
By the way: Die neue R50 dürfte kaum mehr kosten als der Extender…
Gibt es ein Vergleich zwischen RF 100-400 RF 100-500 ?
Machen die 100mm so viel aus bessere Lichtstärke?
Ist es sinnvoll für Hobbyfotografie 3000€ auszugeben ?
Kamera wäre die R7.
Mit freundlichen Grüßen
War es sinnvoll mir die R6 Mark 2 zu kaufen, als Hobbyfotograf ?
Wenn man 3k für eine Linse ausgeben möchte (ich nicht), warum nicht.
die 100mm mehr sind sicher toll.
Ich fotografieren nur Flugzeuge mit dem Tele. Und werde mir das 100-400 gönnen, weil mir 3k halt zu teuer sind.
Gute Frage! Ich habe gerade einen Erfahrungsbericht zu R6 II veröffentlicht, hast du diesen schon gesehen?
Ich schließe mich der Frage von Susanne an.
Gibt es ein Vergleich zwischen RF 100-400 RF 100-500 ?
Machen die 100mm so viel aus bessere Lichtstärke?
Ist es sinnvoll für Hobbyfotografie (Tier und Wildpark) 3000€ auszugeben ?
Kamera wäre die R7.
Da bin ich dran, wird aber noch ein paar Wochen dauern 🙂